1A-Award 2023,  Arzt

„Deutschland, bist du noch zu retten?“

Björn Steiger Stiftung: Kampagne „Rettet die Retter“ für 1A-Award nominiert

Sekunden können über Leben und Tod entscheiden. Dennoch läuft in Deutschland bei der Notfallversorgung vieles unkoordiniert. Mit der bundesweiten Kampagne „Rettet die Retter“ hat die Björn Steiger Stiftung wichtige Verbesserungsvorschläge angeregt. Dafür wird sie jetzt für den 1A-Award nominiert.

Die Björn Steiger Stiftung hat sinnbildlich den Finger in die Wunde gelegt und mit einer sehr kraftvollen Kampagne auf „dramatischer werdende Zustände“ und „anhaltende Zersplitterung“ im Rettungsdienst und bei der Notfallversorgung hingewiesen. Ziel der Aktion „Rettet die Retter“ war es, Infos über den Zustand des Systems zugänglicher zu machen. Die Kampagne lief zunächst auf Social-Media und anschließend im Radio, als Plakataktion und in Kino-Spots.

„Deutschland, bist du noch zu retten?“ – so eindringlich warnt die Stiftung vor einem Kollaps in der Notfallversorgung. Eine der wichtigsten Herausforderungen: ein bundesweit einheitliches Rettungsgesetz. Aktuell regelt das jedes Bundesland eigenständig. „In Hessen müssen die Einsatzkräfte spätestens zehn Minuten nach dem Notruf am Unfallort sein, in Brandenburg sind es 15 Minuten“, sagt ­Pierre-Enric ­Steiger, Präsident der Stiftung. „Fünf Minuten Unterschied können über Leben und Tod entscheiden.“

Die zentrale Steuerung von Anrufen ist eine weitere Forderung der Stiftung. Hintergrund: In Deutschland gibt es die 112 für Notfälle. Und es gibt die 116117 für Anliegen, die kein medizinischer Notfall sind. Der Rettungsdienst könnte immens entlastet werden, wenn diese beiden Nummern digital vernetzt wären und Anrufe zentral gesteuert würden.
„Wir müssen schnell handeln, denn das Notfallsystem in Deutschland ist aktuell ein Flickenteppich“, so ­Steiger. „Es besteht aus ganz vielen Systemen, die nicht miteinander vernetzt sind. Medizinische Daten werden nicht standardisiert erfasst und schon gar nicht ausgetauscht.“

Und was macht die Politik? Sie hat reagiert! Die am 7. September vorgelegte neunte Stellungnahme der Regierungskommission ist aus Sicht der ­Björn ­Steiger Stiftung ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um die bestehenden Defizite und Fehlentwicklungen im deutschen Rettungswesen zu korrigieren.
„Die Empfehlungen gehen endlich auf einen Großteil der Forderungen ein, die unsere Stiftung bereits seit längerer Zeit öffentlich vertritt, um den Notfall- und Rettungsdienst grundlegend zu verbessern und so eine drohende Krise im Rettungswesen abzuwenden“, erklärt ­Pierre-Enric ­Steiger.

Die ­Björn ­Steiger Stiftung – so fing alles an: Auf dem Heimweg vom Schwimmbad wurde der achtjährige ­Björn ­Steiger von einem Auto erfasst. Es dauerte fast eine Stunde, bis der Krankenwagen eintraf. ­Björn erlag am 3. Mai 1969 nicht seinen Verletzungen, er starb am Schock.

Seine Eltern Ute und Siegfried ­Steiger gründeten daraufhin am 7. Juli 1969 die ­Björn ­Steiger Stiftung als gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, die deutsche Notfallhilfe zu verbessern. Meilensteine dieses Engagements sind z.B. die Einführung der bundesweit einheitlichen und kostenfreien Notrufnummern 110/112 vor 50 Jahren, der Aufbau Tausender Notruftelefone an deutschen Bundes- und Landstraßen, die Einführung des Sprechfunks im Krankenwagen, die Einrichtung von Baby-Notarztwagen sowie der Aufbau der Luftrettung. Aktuelle Initiativen widmen sich insbesondere dem Kampf gegen den Herztod, der Breitenausbildung der Bevölkerung in Wiederbelebung, der Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen für den Notfall und dem Frühgeborenen-Transport.

Pierre-Enric Steiger

 

Der Nominierte

Pierre-Enric Steiger ist seit 13 Jahren Präsident der Björn Steiger Stiftung, die nach seinem früh verstorbenen Bruder Björn benannt ist. Außerdem ist er Juror der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ und Beiratsmitglied des „Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin“. In Brüssel engagiert er sich im Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen.

Bildquelle: ollo/gettyimages