Apotheker Bernd Gerstl aus Hannover für 1A-Award nominiert
Erste Bike-In-Apotheke: So klappt’s auch mit dem Beratungsgespräch!
Einfach verstehen
Rezepte gründlich prüfen – Kunden beraten – Arzneimittel empfehlen. Dafür benötigen Apotheker nicht nur das beste Knowhow, sondern auch ein wenig Zeit im vertrauensvollen Gespräch mit den Kunden. In unserer hektischen Zeit leichter gesagt als getan. Und kaum machbar, wenn sich ein Kunde fast nur dafür interessiert, dass sein Fahrrad vor der Tür bloß nicht gestohlen wird. Viele sehen das als Ärgernis, ein Apotheker als echte Chance …
Einfach machen
Die Hölty-Apotheke direkt am Rande der Fußgängerzone von Hannover. Vor der Tür die Hildesheimer Straße, inzwischen auch eine vielbefahrene „Fahrrad-Autobahn“, freigegeben in beide Richtungen. Viele Anwohner, die etwas in der City zu erledigen haben, sind in der Landeshauptstadt längst vom Auto auf zwei Räder umgestiegen.
Mit Folgen: Apotheker Bernd Gerstl, selbst ambitionierter (Renn-)Radfahrer, hat schnell festgestellt, dass viele Besucher beim Kundengespräch nicht wirklich bei der Sache sind. „Die haben sich mehr für ihr Fahrrad vor der Tür interessiert als für unsere Dienste“, sagt Gerstl, „das hat mich unheimlich gestört.“ So war kein vernünftiges Beratungsgespräch möglich.
Als er dann in einem Fachgeschäft mobile Fahrradstände entdeckte, hat es bei ihm klick gemacht. Die Idee einer Bike-In-Apotheke war geboren: „Wir holen einfach die Fahrräder in die Apotheke!“ Gesagt, getan – Problem gelöst. Und der Erfolg gibt dem Apotheker recht. „Am Anfang mussten wir unsere Idee noch erklären, inzwischen ist es ein Selbstläufer. Gerade viele Kunden mit hochwertigen Fahrrädern oder E-Bikes wissen unseren Service zu schätzen.“
Deutschlands erste und sehr wahrscheinliche einzige Bike-In-Apotheke – kein Marketing-Gag, sondern ein echter Mehrwert. Zwei Beispiele: Im Behandlungsraum der Apotheke ist alles für die Akutversorgung vorbereitet, falls mal wieder ein Radfahrer vor der Haustür verunglückt. Und im Keller unterhält Bernd Gerstl sogar eine kleine Werkstatt. Dort können auch Pannen behoben werden. Schläuche, Radmäntel, Spezialwerkzeug – alles vorhanden. Dieser Service hat sich in Hannover bereits herumgesprochen …
Bernd Gerstl ist aber nicht der einzige Radsport-Experte in der Hölty-Apotheke. Seine Frau ist ebenfalls begeisterte Radsportlerin, auch die Angestellten haben ein Faible für Fahrräder. Gerne möchte der Apotheker seinen Service noch erweitern. „Eine kostenlose Ladestation für E-Bikes vor der Tür, das wäre schon eine tolle Sache“, so der Experte. Leider wird daraus nichts. „Die behördlichen Auflagen sind sehr hoch, außerdem ist der Genehmigungsprozess sehr langwierig.“
Einfach einfach
Die Bike-In-Apotheke in Hannover – eine kleine Idee mit großer Wirkung. Erst einmal sensibilisiert für das Thema City-Mobilität hat Bernd Gerstl auch weitergedacht. Durch die große Eingangstür passen sogar Zwillings-Kinderwagen, den großzügig ausgestatteten Beratungs- und Behandlungsraum können auch gehandicapte Menschen direkt auf ihren Elektromobilen ansteuern. Ach ja, einen Fahrradständer draußen vor der Tür hat die Apotheke natürlich noch immer.
Der Nominierte
Bernd Gerstl (64) betreibt die Hölty-Apotheke in Hannover seit 1987, vor sieben Jahren ist sie wenige Hausnummern weiter an ihren heutigen Standort gezogen. Seine Frau (arbeitet auch in der Apotheke) und seine beiden Kinder sind ebenso wie er „Fahrrad verrückt“. In seiner Freizeit macht das Ehepaar größere Radtouren, auch im Urlaub sind die Räder immer mit dabei. Von seinen Rennmaschinen kann sich Familie Gerstl nicht trennen, inzwischen hat sie über 20 Räder.