1A-Award für die Völker-Schule!
Beeindruckende Integrations-Initiative aus Osnabrück
Neu in Deutschland – mit einer pharmazeutischen Ausbildung im Gepäck? Dann ab zur Völker-Schule nach Osnabrück. Dort werden zugewanderte Pharmazeuten fit für die deutschen Apotheken gemacht. Dafür erhielt die Schule jetzt den 1A-Award. Das Gewinner-Interview mit Burkhard Pölzing und Lina Kalmer von der PTA-Schule.
Ihr Angebot ist weit mehr als die reine Vermittlung von Lerninhalten – wie viel Herzblut steckt in Ihrem Projekt?
Sehr viel. Ohne viel Mühe und Leidenschaft geht es nicht. Wir sind sehr dankbar dafür, ein Team mit Menschen zu haben, die individuell sehr viel in das Projekt einbringen.
Ein ambitioniertes Komplettpaket – wie fing alles an?
Erfahrungen mit der Qualifizierung zugewanderter Pharmazeutisch-technischer Assistentinnen und Assistenten gibt es in der Völker-Schule seit den 1990er Jahren.
Der Fachkräftemangel in den Apotheken ist für uns seit 2015 deutlich erkennbar und hat seit 2018 zu einem Entwicklungsprozess geeigneter Maßnahmen geführt.
Was waren die größten Hürden bis zum Startschuss?
Für einen gemeinnützigen Verein als Bildungsträger ist es essenziell, das Risikomanagement im Entwicklungsprozess gut zu steuern, um ein qualitativ hochwertiges und zugleich wirtschaftlich tragfähiges Konzept zu entwickeln. Es gab nicht die große Hürde, sondern wir meisterten einen längeren Hürdenlauf.
Gab es am Anfang auch einen rein lokalen Ansatz?
Ja, 2015 gab es zunächst einen regionalen Ansatz. Dieser beruhte auf den vorhergehenden Erfahrungen und hatte individuelle Anpassungslehrgänge im Fokus. Die Fallzahlen waren jedoch gering und die sich aus den behördlichen Defizitbescheiden ergebenden individuellen Maßnahmen gingen vielfach am Bedarf der Betroffenen vorbei.
Wie werden Interessierte, die neu in Deutschland sind, auf Ihr Angebot aufmerksam?
Mittlerweile ist unser Angebot in der Community bekannt. Die Zugewanderten sind in ihren Kreisen gut vernetzt, in Deutschland und mit Kontakten in die Heimatländer. Dazu kommt ein wachsender Bekanntheitsgrad unseres Angebotes in den Apotheken vor Ort.
Wer sind Ihre wichtigsten Partner, damit die Rahmenbedingungen stimmen?
Wichtig sind für uns die Apotheken vor Ort, da sie einen Arbeitsplatz und somit das Ankommen in Deutschland ermöglichen. Hier ist der Beratungsbedarf groß und wir helfen mit unserer Expertise gern. Unser Angebot ist kostenfrei. Dank der AZAV-Zertifizierung übernehmen die Jobcenter und Agenturen für Arbeit die gesamten Kursgebühren, Reisekosten und Hotelübernachtungen während der vier Präsenzwochen in Osnabrück.
Sie bilden für die Praxis aus. Welche Rolle spielen dabei die Vor-Ort-Apotheken?
Die Apotheken vor Ort sind der wichtigste Player in der flächendeckenden pharmazeutischen Versorgung der Bevölkerung. Durch den Online-Unterricht bleiben die zugewanderten Pharmazeuten am Wohnort und im häuslichen Umfeld. Das hilft vor Ort den Apotheken und den Teilnehmenden mit ihren Familien.
Welche Rolle übernimmt Ihr Förderverein?
Die Zusammenarbeit von Bildungsträger, Apotheken und Branchenpartnern spielt eine wesentliche Rolle. Der Förderverein bringt die Partner zusammen und bündelt erfolgreich Synergien.
Was genau verstehen Sie als Ihren Auftrag?
Wesentlich für den Erfolg ist die Vermittlung einer hinreichenden Sprachkompetenz. Kurssprache ist Hochdeutsch. Das ist ein Vorteil, die Teilnehmenden haben bereits einen entsprechenden Sprachkurs besucht und darauf kann aufgebaut werden. Neben dem Erlernen der Fachsprache werden im Kurs die bestehenden fachlichen Defizite ausgeglichen.
Was haben Sie durch die bisherigen Kurse über die letzten Jahre gelernt?
Die Beharrlichkeit dicke Bretter zu bohren ist erforderlich, um innovative Projekte erfolgreich werden zu lassen. Manchmal dauert es länger als man sich vorstellen kann, andere mit auf den Weg zu nehmen. Aber nun ist alles gut. Geduldig sein und die Zuversicht nicht verlieren, dann zahlt sich der Einsatz für eine gute Idee zum richtigen Zeitpunkt aus.
Was kann man noch verbessern?
Um die Gewinnung zugewanderter Fachkräfte für die Apotheke zu verbessern, ist eine Beschleunigung der Verfahren durch Bürokratieabbau erforderlich. Hilfreich wäre eine stärkere Digitalisierung von behördlichen Prozessen und die Schaffung einer zentralen Kompetenzstelle für die Erstellung von Defizitbescheiden.
Gibt es Freundschaften unter den Absolventen über die Ausbildung hinaus?
Definitiv. Elf Monate gemeinsames Lernen, Präsenzphasen und Zwischenprüfungen – das prägt und bildet eine starke Gemeinschaft aus. Sie helfen sich gegenseitig, um den Kurs erfolgreich abzuschließen. Daraus entstehen Freundschaften, die dank digitaler Medien über Entfernungen und Zeit hinaus gepflegt werden können.
Beruflicher Neuanfang und private Situation – wie gehen die Teilnehmer damit um?
Alles muss zusammenpassen, sonst ist eine gelungene berufliche Integration nicht möglich. Unser Konzept ermöglich dieses und notfalls sitzt schon einmal das Kind mit im Online-Unterricht, wenn die Kita plötzlich geschlossen ist.
Was bedeutet Ihnen der Gewinn des 1A-Awards?
Der 1A-Award ist eine Auszeichnung, die als Wertschätzung für unser Team, aber auch als Auszeichnung für alle beteiligten Partner verstanden werden soll. Darüber freuen wir uns sehr.
Die Preisträger
Fachapotheker Burkhard Pölzing ist Schulleiter der Völker-Schule, der PTA-Schule und Vorstandvorsitzender des Schulträger- und Fördervereins. Apothekenfachwirtin und PTA Lina Kalmer koordiniert das Projekt, arbeitet als interne Qualitätsauditorin.
Imagefilm des ausgezeichneten Projekts
Bildquelle: Daniel A. Ospina; www.theartofmakingvideos.de