Dr. Mehmet Kücükoglu aus Berlin für den 1A-Award nominiert
Mit Warnstickern Leben retten
Patienten nehmen immer mehr Medikamente für verschiedenste Indikationen. Das verlangt dem Arzt schon im normalen Praxisalltag einiges an Aufmerksamkeit ab. Wie ist das erst bei einem Notfall, wenn es richtig schnell gehen muss? Da müsste es doch etwas geben, das Mediziner davor bewahrt, einen Fehler zu machen.
Dr. Mehmet Kücükoglu ist Hausarzt mit einer Praxis mitten in Neukölln, einem Berliner Stadtteil mit hohem Ausländeranteil. Für viele Patienten, die nicht gut Deutsch sprechen, ist er die letzte Rettung. „Das persönliche Gespräch ist unerlässlich, Anweisungen auf Beipackzetteln verstehen meine Patienten nicht ohne zusätzliche Erklärung“, sagt der Mediziner. Auch viele alte Menschen sind bei ihm in Behandlung, manche haben ein spezielles Handicap. Sie nehmen gerinnungshemmende Medikamente ein.
Das heißt, sie sind permanent gefährdet, weil eine falsche Medikation fatale Folgen hätte. So wie bei zwei seiner Patientinnen. Eine Rentnerin wurde nach einem Schlaganfall falsch behandelt, sie ist heute ein schwerer Pflegefall, kann nicht mehr sprechen und wird künstlich ernährt. Einer anderen Frau musste der Unterschenkel amputiert werden, weil ein Orthopäde zuvor eine Spritze intraartikulär setzte und es zu einer massiven Einblutung im Knie kam.
„Zwei Fälle, die mich sehr traurig gemacht haben“, so der Allgemeinmediziner. „Alles passierte nur, weil die Kollegen nicht wussten, dass bei den Patienten eine Antikoagulation vorlag.“ Dr. Mehmet Kücükoglu ließ das keine Ruhe, er wollte verhindern, dass ähnliche Dinge zukünftig wieder passieren. „Nur was konnte ich tun? Ein neuer Ausweis – das bringt doch nichts, die Patienten haben doch schon so viele Dokumente.“
Dann fiel ihm auf der Versichertenkarte eines seiner Patienten etwas ins Auge: ein kleiner Aufkleber, der Medizinern im lokalen Ärztenetzwerk signalisierte, dass die Person bereits bei anderen Kollegen in Neukölln in Behandlung war. „Das war’s“, erklärt Dr. Kücükoglu, „warum nicht auf einen Aufkleber setzen mit der Aufschrift ‚Stop Antikoagulation‘?“ Denn selbst bei Notfällen kommt die Versichertenkarte eines Patienten immer als Erstes auf den Tisch … Ein Patient hatte eine Druckerei, er fand die Idee ebenfalls überzeugend – so entstanden die ersten Aufkleber (50 mm x 10 mm). Das war im August letzten Jahres.
Die Kollegen im PNT-Praxisnetz Neukölln-Tempelhof waren auch begeistert, wollten sofort die neuen Warnsticker von Dr. Kücükoglu. Erste Artikel in Fachmedien machten die Idee noch bekannter, inzwischen erhält der Berliner Anfragen von Ärzten aus dem gesamten Bundesgebiet. „Schön, dass eine einfache Idee so richtig etwas bewirken kann“, freut sich der Berliner Arzt. Und sie soll Schule machen: „Mir geht es um die Sicherheit der Patienten, deshalb erlaube ich gerne jedem Arzt, meine Idee zu kopieren.“
Der Nominierte
Nominiert für den 1A-Award wird Dr. Mehmet Kücükoglu (59). Er ist in Berlin aufgewachsen und wollte schon immer Arzt werden, genau genommen Hausarzt. Er hat sich seinen Traum erfüllt, führt seine eigene Praxis inzwischen seit 22 Jahren mitten in Berlin-Neukölln. In seiner Freizeit steht die Familie im Mittelpunkt. Als Vater von fünf Kindern kann er sich auch privat nicht über Langeweile beklagen.